Zwischen Dänemark und Deutschland: Gedanken über Kultur
Meine Münchner Lieblingskulturbloggerin Tanja hat mal wieder zu einer Blogparade pro Kultur aufgerufen: #KultDef sucht nach einer ganz persönlichen Definition für Kultur. Während ich früher beim Wort Kultur immer eher an Einrichtungen gedacht habe – Theater, Museen, Bibliotheken, habe ich Kultur später immer mehr in Abgrenzung zu anderem erst richtig wahrgenommen.
Als ich aus Thüringen zum Studium nach Hamburg kam, wurden mir Kulturunterschiede zwischen den beiden Bundesländern bewusst. Noch extremer wurde es dann in meinen Jahren in Kopenhagen. Durch den Kontakt mit anderen Kulturen, wird erst richtig deutlich, was die eigene Kultur ausmacht und wo die Unterschiede liegen.
Kulturmomente: In ganz Dänemark ist der Wahltag ein Fest
Gestern zum Beispiel war so ein Moment: 18. Juni 2015, die Dänen wählten ein neues Parlament. Schon in den letzten drei Wochen hatte sich die Stimmung hochgeschaukelt. Die Innenstadt von Aarhus war voll mit Menschen. Das Kvindemuseet (Frauenmuseum), das wir uns anschauten, zeigte gerade eine Sonderausstellung zum Frauenwahlrecht, das in Dänemark vor genau 100 Jahren (drei Jahre früher als in Deutschland) eingeführt wurde.
Für die Dänen ist der Wahltag ein Festtag. Man spürt es förmlich in der Luft und auf meiner Facebook-Timeline wimmelte es nur so von Bekenntnissen über die Stimmabgabe, Bejahung der Demokratie und Empfehlungen für die Wahl. Die Wahlbeteiligung von 85,8 Prozent war etwas niedriger als 2011 und dass diesmal der Populismus gesiegt hat, sorgte für große Enttäuschung in meinem Bekanntenkreis – aber auch das muss man letztlich in einer Demokratie hinnehmen. (Der Skandalautor Yahya Hassan – Bild oben – kam übrigens nicht ins Parlament.) Bundestagswahl in Deutschland ist eine öde, emotionslose Veranstaltung, wenn man erst einmal die breite, dänische Anteilnahme erlebt hat.
Kultur sieht man auf Abstand
Seit ich wieder zurück in Thüringen bin, werden mir auch hier plötzlich kulturelle Eigenheiten bewusster als zuvor. Da sehe ich meine Heimat plötzlich sowohl von außen als auch von innen. Die negativen und schrägen Dinge springen mir zuerst ins Auge: Wie die paar wenigen Asylbewerber in der kleinen Stadt misstrauisch beäugt werden – weil ich im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro selbst Einwanderer war, kann ich mich jetzt viel besser in sie hineinfühlen (dabei hat mich in Dänemark niemand schief angeguckt!). Die Unbeholfenheit und die Skepsis gegenüber digitalen Entwicklungen (im Vergleich zu Dänemark). Wie wenig wichtig die Qualität von Nahrung den Deutschen zu sein scheint – in Kitas, in Schulen, am Esstisch zu Hause wird das günstigste Angebot aufgetischt, statt in die eigene Gesundheit zu investieren. Und dieser Damenhaarschnitt – kurzes Haar in unterschiedlichen Längen und Farben, der meinem Mann sofort ins Auge stach, den gibt es wohl nur hier.
Alles das ist für mich Kultur und diese Kultur wird greifbarer, wenn man einen Schritt zurücktritt und sie von außen betrachtet. Museen, Theater und Bibliotheken sind die Einrichtungen, die das von Berufs wegen tun und diese Kulturmomente in Theaterstücken, Archiven, Sammlungen und Ausstellungen einfangen, bewahren und zeigen.
Zum Weiterlesen: Kultur heißt auf Dänisch übrigens ebenfalls “kultur”. Meine Erlebnisse und Beobachtungen aus Dänemark gibt es übrigens in meinem Buch „Ein Jahr in Kopenhagen – Reise in den Alltag“.
Meine Münchner Lieblingskulturbloggerin Tanja hat mal wieder zu einer Blogparade pro Kultur aufgerufen: #KultDef sucht nach einer ganz persönlichen Definition für Kultur. Während ich früher beim Wort Kultur immer eher an Einrichtungen gedacht habe – Theater, Museen, Bibliotheken, habe ich Kultur später immer mehr in Abgrenzung zu anderem erst richtig wahrgenommen.
Als ich aus Thüringen zum Studium nach Hamburg kam, wurden mir Kulturunterschiede zwischen den beiden Bundesländern bewusst. Noch extremer wurde es dann in meinen Jahren in Kopenhagen. Durch den Kontakt mit anderen Kulturen, wird erst richtig deutlich, was die eigene Kultur ausmacht und wo die Unterschiede liegen.
Kulturmomente: In ganz Dänemark ist der Wahltag ein Fest
Gestern zum Beispiel war so ein Moment: 18. Juni 2015, die Dänen wählten ein neues Parlament. Schon in den letzten drei Wochen hatte sich die Stimmung hochgeschaukelt. Die Innenstadt von Aarhus war voll mit Menschen. Das Kvindemuseet (Frauenmuseum), das wir uns anschauten, zeigte gerade eine Sonderausstellung zum Frauenwahlrecht, das in Dänemark vor genau 100 Jahren (drei Jahre früher als in Deutschland) eingeführt wurde.
Für die Dänen ist der Wahltag ein Festtag. Man spürt es förmlich in der Luft und auf meiner Facebook-Timeline wimmelte es nur so von Bekenntnissen über die Stimmabgabe, Bejahung der Demokratie und Empfehlungen für die Wahl. Die Wahlbeteiligung von 85,8 Prozent war etwas niedriger als 2011 und dass diesmal der Populismus gesiegt hat, sorgte für große Enttäuschung in meinem Bekanntenkreis – aber auch das muss man letztlich in einer Demokratie hinnehmen. (Der Skandalautor Yahya Hassan – Bild oben – kam übrigens nicht ins Parlament.) Bundestagswahl in Deutschland ist eine öde, emotionslose Veranstaltung, wenn man erst einmal die breite, dänische Anteilnahme erlebt hat.
Kultur sieht man auf Abstand
Seit ich wieder zurück in Thüringen bin, werden mir auch hier plötzlich kulturelle Eigenheiten bewusster als zuvor. Da sehe ich meine Heimat plötzlich sowohl von außen als auch von innen. Die negativen und schrägen Dinge springen mir zuerst ins Auge: Wie die paar wenigen Asylbewerber in der kleinen Stadt misstrauisch beäugt werden – weil ich im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro selbst Einwanderer war, kann ich mich jetzt viel besser in sie hineinfühlen (dabei hat mich in Dänemark niemand schief angeguckt!). Die Unbeholfenheit und die Skepsis gegenüber digitalen Entwicklungen (im Vergleich zu Dänemark). Wie wenig wichtig die Qualität von Nahrung den Deutschen zu sein scheint – in Kitas, in Schulen, am Esstisch zu Hause wird das günstigste Angebot aufgetischt, statt in die eigene Gesundheit zu investieren. Und dieser Damenhaarschnitt – kurzes Haar in unterschiedlichen Längen und Farben, der meinem Mann sofort ins Auge stach, den gibt es wohl nur hier.
Alles das ist für mich Kultur und diese Kultur wird greifbarer, wenn man einen Schritt zurücktritt und sie von außen betrachtet. Museen, Theater und Bibliotheken sind die Einrichtungen, die das von Berufs wegen tun und diese Kulturmomente in Theaterstücken, Archiven, Sammlungen und Ausstellungen einfangen, bewahren und zeigen.
Zum Weiterlesen: Kultur heißt auf Dänisch übrigens ebenfalls “kultur”. Meine Erlebnisse und Beobachtungen aus Dänemark gibt es übrigens in meinem Buch „Ein Jahr in Kopenhagen – Reise in den Alltag“.