Umfrageergebnis: Wo informiert sich ein kulturinteressiertes Publikum über Kulturthemen?
Mitte Februar 2021 hatte ich festgestellt, dass auch jüngere Menschen nicht automatisch Social Media-affin sind – hier geht es zum entsprechenden Blogpost. Das war mir bereits vorher klar, doch hier ging es um eine kulturinteressierte Akademikergruppe, die im Museum arbeitet und von denen ein großer Anteil sich im Privaten gegen die Nutzung sozialer Netzwerke entschieden hat. Deshalb wollte ich wissen, wo sich diese Menschen stattdessen über Kulturthemen informieren. Ich startete eine kleine, nicht repräsentative Online-Umfrage, bei der seitdem über 130 Menschen teilgenommen haben und die ich hier auswerten möchte. Aller Ergebnisse im Detail sind hier einsehbar. Ein großes Dankeschön an alle, die mitgemacht haben!
Die Teilnehmer: vorwiegend weiblich, sehr kulturinteressiert, unter 60
Da ich die Umfrage vor allem über Twitter und WhatsApp verbreitet habe, ist davon auszugehen, dass letztlich – trotz der Bitte, sie an Nicht-Social-Media-Nutzer weiterzureichen – vor allem Social-Media-Nutzer teilgenommen haben. Mit über 70 % stimmten mehr Frauen als Männer ab. Fast alle Altersgruppen sind vertreten, 45,5 % sind zwischen 20-39 Jahren, 42,5 % zwischen 40-59 Jahren und 9,8 % zwischen 60-69 Jahren. 62,9 % davon schätzen sich als sehr kulturinteressiert ein, 31,1 % als kulturinteressiert und 5,3 % als etwas kulturinteressiert. Ich wollte wissen, für welche Kulturbereiche sich die Teilnehmer interessieren und fand es schön, dass von mir vergessene Bereiche auch ausgiebig ergänzt wurden. Natürlich war es möglich, mehrere Bereiche auszuwählen und es ist ohnehin davon auszugehen, dass viele Kulturinteressierte sich gleichzeitig für mehrere Sparten interessieren.
Wo informieren sich die Umfrage-Teilnehmer zu Kulturthemen?
An dieser Stelle war die Überschrift “Deine Social Media-Nutzung” meiner Umfrage missweisend. Denn zur Auswahl standen traditionelle Medien genauso wie die verschiedenen sozialen Netzwerke. Ergänzt wurden darüber hinaus auch Aushänge und Newsletter. Es ist davon auszugehen, dass durch die starke Verbreitung der Umfrage via Twitter ein nicht ganz ausgewogenes Bild zustande kommt. Nichtsdestotrotz finde ich das Ergebnis spannend.
Ich gehe stark davon aus, dass die wenigsten von uns ziellos auf Websites von Kultureinrichtungen surfen, sondern hier vor allem dann vorbeischauen, wenn es darum geht, einen konkreten Besuch zu planen. Unter den Teilnehmern dieser nicht repräsentativen, kurzen Umfrage rangieren traditionelle Medien wie gedruckte Printmedien, Fernsehen und Radio völlig gleichrangig mit Websites, Blogs, YouTube, Podcasts und den größten sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter, Instagram).
Ergänzungen der Umfrage-Teilnehmer
Die Teilnehmer der Online-Umfrage haben die Ergebnisse durch ausführliche Kommentare am Ende der Umfrage bereichert. Einige davon möchte ich hier zitieren, alle kann man hier nachlesen.
Ein/e Teilnehmer/in wies beispielsweise auf internationale Unterschiede hin (“Ich studiere in Frankreich und international ist Facebook überhaupt nicht tot.”), die je nach Zielgruppe einer Kultureinrichtung auch beachtet werden müssen. Für andere Länder – z.B. Dänemark, wo alle Altersgruppen Facebook nutzen – trifft das ebenfalls zu.
Vielfach wurde die wichtige Rolle von Newslettern hervorgehoben.
Jemand erwähnte ihre/seine unterschiedliche Nutzung der Netzwerke je nach Ziel: Twitter und Facebook zum Aufspüren regionaler Events, Instagram-Hashtags zum Entdecken neuer Reiseziele oder zur Vorbereitung auf den Urlaub.
Wer Podcasts hört, konsumiert diese sehr lange und intensiv – hier kann man eine große Bindung zu potentiellen Zielgruppen aufbauen.
Facebook erntet Kritik für rauen Umgangston und als Datenkrake.
Viele nutzen die Social Media-Kanäle eher passiv zur Information, weniger um selbst zu kommunizieren. Andere finden es zu anstrengend und zu unübersichtlich, sich online selbst aus der Fülle des Angebots interessante Inhalte herauszufiltern und vertrauen weiter auf die Gate-Keeper-Rolle, das Kuratieren der Inhalte, durch die klassischen Medien.
Auch die Volontäre, die den Ausgangspunkt für mein Nachhaken darstellten, habe ich live im Seminar noch einmal näher befragt, woher sie aktuelle Informationen über Kultur beziehen. Dabei wurde deutlich, dass es oft Zufallsfunde sind, die die Nicht-Social-Media-Nutzer auf Kulturveranstaltungen aufmerksam werden lassen: Beispielsweise Plakate, Flyer, Postkartenständer und Fahrgastfernsehen im öffentlichen Raum, die Kulturkalender in Gratis-Zeitschriften und Freunde, die Einrichtungen, Ausstellungen und Veranstaltungen weiterempfehlen.
Ich schlussfolgere daraus: Es ist davon auszugehen, dass online wie offline Empfehlungen anderer (wenn man so will: Online- und Offline-Influencer, die Informationen Vorsortieren und Empfehlungen aussprechen) eine wichtige Rolle spielen. Und online wie offline werden die Menschen oft zufällig auf Veranstaltungen, Ausstellungen und noch unbekannte Kultureinrichtungen aufmerksam.
Fazit: Mehr Arbeit für die “Presseabteilung”
Die klassische Presseabteilung gibt es schon lange nicht mehr. Reichte es früher, sich um Pressemeldungen an Print, Radio und Fernsehen, die Website, Plakatierung und Flyer-Werbung, Anzeigen und gegebenenfalls einen Newsletter zu kümmern, hat sich das Aufgabenspektrum längst erweitert. Hinzugekommen sind eine wachsende und sich dynamisch ändernde Zahl von Websites, Blogs, Mediatheken, Partner-Seiten, sozialen Netzwerke und anderen Kanälen. Leider spiegelt sich das bei den wenigstens Kultureinrichtungen in der Größe der zuständigen Abteilung wider. Gleichzeitig fließen die Aufgabenbereiche von Öffentlichkeitsarbeit und Kulturvermittlung im Digitalen quasi untrennbar zusammen.
Sicherlich ist die Diskussion berechtigt, welche Bereiche bespielt werden müssen und können. Doch eine pauschale Antwort ist meines Erachtens nicht möglich, sondern muss beständig mit dem Bedarf der Zielgruppe, die man erreichen möchte, und den Ressourcen und Vorlieben des Hauses abgeglichen werden. Fakt ist, dass man nicht alle jungen Menschen auf digitalen Kanälen erreicht, aber umgekehrt auch eine große Anzahl älterer Nutzer qualitativ hochwertige digitale Angebote voraussetzt. Die Zielgruppe ist anspruchsvoll und fragmentiert. Daher erfordert es eine digitale Strategie der Kultureinrichtung, die dynamisch an sich ändernde Lagen angepasst werden kann und für das jeweilige Haus Prioritäten setzt.
Meines Erachtens gehört zum Grundrepertoire der Öffentlichkeitsarbeit heute: klassische Pressemeldung, Plakate/Flyer, Anzeigenwerbung offline/digital, Website, Facebook, Instagram und Twitter. Dazu gibt es wirklich lohnenswerte Kanäle, über die man mit qualitativ hochwertigen Inhalten bestimmte Zielgruppen eng an sich binden kann: eigener Blog, gut funktionierender YouTube-Kanal, eigener Podcast und qualitativ hochwertiger Newsletter. Hier muss jedes Haus für sich entscheiden, was zu ihm passt und was personell geleistet werden kann. Darüber hinaus lohnt es sich, auf verschiedenen Mediatheken, auf Wikipedia und auf anderen sammelnden Plattformen präsent zu sein. Und natürlich befindet sich alles Digitale ständig im Fluss – man muss Trends und Entwicklungen im Auge behalten, Dinge ausprobieren, Misserfolge in Kauf nehmen und mit der Zeit gehen.